Handelsregister mit Datenschutzmängeln

Seit dem 1. August 2022 sind über das Portal „Handelsregister.de“ sämtliche Einträge in den Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregistern ohne weitere Einschränkungen kostenfrei abrufbar. Das hat auf dem ersten Blick Vorteile in punkto Transparenz. Das Handelsregister handelt es sich um die zentrale Registerplattform des Bundes für Firmen in Deutschland. Der Umstand, dass die Abrufe aus diesem Portal kostenfrei und ohne das Anlegen eines vorherigen Accounts erfolgen können, ist Ergebnis des seit dem seit 1. August geltenden Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) der EU vom Juni 2019. Unter anderem wollte die EU damit Registerauskünfte vereinfachen.
Da das Handelsregister (erreichbar unter http://www.handelsregister.de/) eine Publikations-, Beweis-, Kontroll- und Schutzfunktion erfüllen soll, enthält es notwendiger- und typischerweise unter anderem Informationen über Firma, Sitz, Niederlassung und Zweigniederlassungen, den Gegenstand des Unternehmens, vertretungsberechtigte Personen, die Rechtsform des Unternehmens sowie das Grund- oder Stammkapital und den Namen des Geschäftsinhabers.
Die „neuen Vorteile“ des Portals (niedrigschwelliger Zugang und Kostenfreiheit) scheinen aber nach Meinung von Datenschützern die Nachteile deutlicher hervortreten lassen, mit denen das Portal auch deswegen behaftet ist, weil „die deutsche Verwaltung es sich (bei der Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie) einfach gemacht hat, und die früheren dezentralen und bisher nur mit Aufwand zugänglichen Register – eins-zu-eins – ins Internet gestellt hat“.
„Interessierte“ können auf der Plattform diverse Informationen einsehen, darunter auch eingescannte Dokumente, die mit den jeweiligen Firmen in Verbindung stehen wie beispielsweise Anmeldungen oder Gesellschaftsverträge. Darin sind nicht nur Informationen zu der juristischen Person finden, sondern auch personenbezogene Daten zu Inhaberinnen und Inhabern und Gesellschafterinnen und Gesellschaftern.
Nach Erwägungsgrund 85 der DS-GVO kann eine Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten eintreten – wenn nicht rechtzeitig und angemessen reagiert wird – einen physischen, materiellen oder immateriellen Schaden für natürliche Personen nach sich ziehen, wie etwa Verlust der Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten oder Einschränkung ihrer Rechte, Diskriminierung, Identitätsdiebstahl oder -betrug, finanzielle Verluste, unbefugte Aufhebung der Pseudonymisierung, Rufschädigung, Verlust der Vertraulichkeit von dem Berufsgeheimnis unterliegenden Daten oder andere erhebliche wirtschaftliche oder gesellschaftliche Nachteile für die betroffene natürliche Person.
Ein angemessener Schutz dieser oben genannten Informationen scheint im Konzept des Handelsregisters nicht eingebaut zu sein. Andere technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der personenbezogenen Daten, wie bspw. Schwärzungen von nicht benötigten Informationen beim Upload von Scans scheinen ebenfalls keine obligatorisch eingeforderte Anforderungen zu sein. Auch ohne großen Argumentationsaufwand dürfte jedoch nachvollziehbar sein, dass der ungeschützte Abruf dieser Informationen Tür und Tor für Missbrauchsszenarien ,wie bspw. Identitätsdiebstahl eröffnen kann.
(beeboys – stock.adobe.com)
Letztes Update:25.09.22
Verwandte Produkte
Das könnte Sie auch interessieren
-
Folge 34: ChatGPT & Co: Neues aus dem Maschinenraum der EU-Datenregulierung – KI und ePrivacy
Die Europäische Union arbeitet mit Nachdruck an der Umsetzung der Datenstrategie 2020. Die geplanten und angegangenen Regelwerke sind für Spezialisten kaum durchschaubar und waren Gegenstand des DataAgenda Datenschutzpodcasts #29 mit Kai Zenner, dem Büroleiter und Digitalreferenten von MdEP Axel Voss von der EVP. In seinem „RDV-Update aus Brüssel“ berichtet Zenner in der RDV regelmäßig über
Mehr erfahren -
Personalunion: Beauftragter für Informationssicherheit und Datenschutzbeauftragter
Die Meinungen zu der Frage, ob und welche zusätzlichen Funktionen einen Datenschutzbeauftragter in eine Interessenkollision bringen, sind uneinheitlich. Der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (TLfDI):Der TLfDI geht in seinem 2. Tätigkeitsbericht zum Datenschutz nach der DS-GVO (Berichtsjahr 2019, veröffentlicht am 22.10.2020) auf die Fragen von möglichen Interessenkollisionen für die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten ein (vgl.
Mehr erfahren -
Social-Media Nutzung für Mediziner: Wo liegen die Fallstricke?
In der dritten und damit aktualisierten Auflage ihrer Handreichung „Ärztinnen und Ärzte in sozialen Medien“ gibt die Bundesärztekammer Ärtzt_innen aber auch allen Medizinstudierenden wertvolle Hinweise, die sie bei der Nutzung Sozialer Medien beachten sollten. Die 1. Auflage der Handreichung war aus dem Beschluss des 115. Deutschen Ärztetags 2012 zur Erarbeitung von Empfehlungen für Ärzte in
Mehr erfahren