„Falsche“ Risikoabwägung bei Datenschutzverletzung: Bußgeld droht!

Kommt es zu einer Datenschutzverletzung, kann neben der Meldung an die zuständige Datenschutz-Aufsichtsbehörde auch eine Benachrichtigung von betroffenen Personen erforderlich sein. Unter welchen Voraussetzungen diese Pflicht eingreift, wann sie ausnahmsweise entfällt und wie sie zu erfüllen ist, regelt Art. 34 DS-GVO. Die Vorschrift greift auf Regelungselemente zurück, die auch in Art. 33 DS-GVO verwendet sind. Dies gilt insbesondere für das Merkmal der Datenschutzverletzung sowie die Risikobeurteilung.
Die Benachrichtigungspflicht trifft den Verantwortlichen (Art. 4 Nr. 7 DS-GVO) gegenüber einer betroffenen Person (Art. 4 Nr. 1 DS-GVO). Das ist im Kontext der Benachrichtigungspflicht diejenige natürliche Person, für deren Rechte und Freiheiten die Datenschutzverletzung ein hohes Risiko zur Folge hat.
Anders als die Meldepflicht kann die Benachrichtigungspflicht nach Maßgabe differenzierter Ausschlusstatbestände entfallen. Eine Benachrichtigung betroffener Personen ist nämlich nicht in jeder Konstellation einer Datenschutzverletzung mit der Folge eines hohen Risikos für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen sinnvoll. Der Unionsgesetzgeber hat solche Ausschlusstatbestände für Fälle einer vorsorglichen Risikoabschirmung (a), einer nachträglichen Risikominimierung (b) und eines unverhältnismäßigen Aufwands (c) vorgesehen.
Die Abgrenzung, wann ein „hohes“ Risiko vorliegt, statt nur eines „mittleren“ ist wichtig, um zu erkennen, ob die Benachrichtigungspflicht nach Art. 34 Abs. 1 DS-GVO greift.
Dass Verantwortliche bei dieser Frage eine belastbare Risikobetrachtung vornehmen und auch gut dokumentieren sollten, zeigt ein Bußgeld, den die polnische Datenschutzaufsicht verhägt hat:
Durch den Versand einer fehlgeleiteten E-Mail erlangte ein Versicherungsnehmer Kenntnis über Ausgleichsdaten bezüglich eines Kfz-Schadens einer anderen Person. Die Daten umfassten den Vor- und Nachnamen, die Postanschrift, Marke, Modell und Kennzeichen des Fahrzeugs sowie die Policennummer, die Schadensnummer und die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes. Der Versicherungsnehmer informierte die absendende Versicherungsgesellschaft über den Vorfall. Nach einer Risikoanalyse schätzte die Versicherung das Risiko für die betroffene Person als gering ein und unterließ es dahermsowohl die betroffene Person als auch die zuständige Aufsichtsbehörde gemäß Art. 33 Abs. 1 DS-GVO informieren. Die polnische Aufsichtsbehörde ahndete diesen Verstoß mit einer Geldstrafe in Höhe von 24.000 Euro.
Europäischer Datenschutzausschuss
(Foto: Genestro-stock.adobe.com)
Letztes Update:07.04.24
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