BVwG (Österreich) konkretisiert Haushaltsausnahme nach DS-GVO
Im zugrunde liegenden Verfahren (W258 2242162-1/24E) beschwerte sich eine Nachbarin über heimliche Bildaufnahmen, die ein Anrainer in ihrer privaten Garagenbox angefertigt und anschließend an ihren früheren Lebensgefährten weitergegeben haben soll. Die Datenschutzbehörde (DSB) stellte 2021 eine Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung gemäß § 1 Abs. 1 DSG fest. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdegegner Rechtsmittel. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies die Beschwerde nun ab und bestätigte den Bescheid mit Präzisierungen.
Sachverhalt
Zwischen Ende Juni und Anfang Juli 2020 betrat der Beschwerdegegner ohne Zustimmung die der Betroffenen zugeordnete Garagenbox, installierte dort verdeckt eine Kamera und fertigte mehrere Lichtbilder an; mindestens zwei zeigten die Betroffene selbst. Anschließend übermittelte er die Aufnahmen per WhatsApp an ihren ehemaligen Lebensgefährten. Ziel war laut Feststellungen des Gerichts, Konflikte zwischen beiden zu schüren. Die Behauptung des Beschwerdegegners, das Bildmaterial sei anonym übermittelt worden, wertete das BVwG als widersprüchlich und konstruiert.
Haushaltsausnahme nach Art. 2 Abs. 2 lit. c DS-GVO
Das Gericht setzt sich ausführlich mit der Frage auseinander, ob die Haushaltsausnahme eingreift.
Dies wurde zweifach verneint:
- Erstellung der Aufnahmen
Die Kamera wurde im privaten Bereich einer dritten Person installiert. Die Verarbeitung richtete sich damit bewusst auf einen Bereich außerhalb der eigenen Privatsphäre des Verantwortlichen. Eine ausschließlich persönliche oder familiäre Tätigkeit lag daher nicht vor. Damit scheidet die Ausnahme bereits im ersten Schritt aus. - Weitergabe der Bilder
Die Übermittlung an den ehemaligen Lebensgefährten der Betroffenen lässt den Vorgang ebenfalls aus der persönlichen Sphäre des Beschwerdegegners heraustreten. Es bestand kein familiärer oder häuslicher Bezug. Auch insoweit ist Art. 2 Abs. 2 lit. c DS-GVO nicht anwendbar.
Das BVwG betont, gestützt auf einschlägige EuGH-Rechtsprechung, dass die Haushaltsausnahme eng auszulegen ist und bei Überwachungshandlungen, die in die Sphäre Dritter reichen, regelmäßig entfällt.
Rechtliche Würdigung
Mangels Haushaltsausnahme gilt die DS-GVO vollständig. Die verdeckte Aufnahme und Weitergabe verstößt gegen zentrale Verarbeitungsgrundsätze – insbesondere Transparenz und Verarbeitung nach Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 1 lit. a DS-GVO). Beide Handlungen erfolgten ohne Rechtsgrundlage und ohne Möglichkeit der Betroffenen, mit der Verarbeitung zu rechnen.
(Foto: Wool World – stock.adobe.com)
Letztes Update:01.11.25
Das könnte Sie auch interessieren
-
Elektronische Patientenakte: Datenschutzrisiken und Drittstaatenzugriffe
Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) in Deutschland wirft weiterhin grundlegende datenschutzrechtliche Fragen auf. Eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (Drucksache 21/1912) fokussiert unter anderem auf die Möglichkeit, dass Dienstleister wie IBM Deutschland GmbH oder RISE GmbH Daten der ePA aufgrund außereuropäischer Gesetze an Behörden außerhalb der EU übermitteln könnten. Technische und organisatorische Schutzmaßnahmen Die
Mehr erfahren -
BEM: Weitergabe betriebsärztlicher Gutachten an die Schwerbehindertenvertretung
In einem vom BEM zu unterscheidenden Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX schaltet der Arbeitgeber frühzeitig unter anderem die Schwerbehindertenvertretung ein, wenn personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Schwierigkeiten eintreten, die das Beschäftigungsverhältnis mit einem schwerbehinderten oder ihm gleichgestellten Menschen gefährden könnten. Ziel dieses Verfahrens ist es, eine vorzeitige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (insbesondere durch Kündigung) aufgrund dieser
Mehr erfahren -
Einsichtsrechte bei internen Untersuchungen
Das Landesarbeitsgericht München (Az. 2 SLa 70/25, 12. Juni 2025) hat klargestellt, unter welchen Bedingungen Mitarbeitende Einsicht in interne Untersuchungsberichte erhalten. Gegenstand war ein Compliance-Abschlussbericht über Beschwerden gegen eine leitende Angestellte, der Zeugenaussagen, interne Bewertungen und Empfehlungen enthielt. Datenschutzrechtlicher Kern Mitarbeitende haben kein generelles Recht auf Herausgabe des vollständigen Berichts, sondern nur auf Einsicht in ihre personenbezogenen Daten gemäß Art. 15
Mehr erfahren

